Zur Vorgeschichte:

Am 28.02.1945 rückten die Amerikaner in Vettweiß ein und einen Monat später ließ der Kommandeur eines Regimentes aus Texas den damaligen Bürgermeister von Vettweiß, Josef Junkersdorf, zu sich kommen und erklärte, dass nach 24 Stunden die Kirche gesprengt würde, weil ihre Trümmer zur Anlegung eines Flugplatzes im Geländedreieck Vettweiß - Kelz - Gladbach benötigt würden.

Alles Bitten und Flehen sowie der Hinweis des Bürgermeisters, doch andere Trümmerteile von zerstörten Häusern zu nehmen, half nichts. Es wurde erlaubt, die Inneneinrichtung der Kirche in Sicherheit zu bringen. Da die Zeit hierzu sehr kurz und der weitaus größte Teil der Bevölkerung noch evakuiert war, konnte nur wenig gerettet werden.

Am 29. März 1945 wurde der Befehl ausgeführt und Bürgermeister Junkersdorf hat bei dieser Gelegenheit offenbar den Kirchenschlüssel an sich genommen und ihn zu Hause deponiert [Quelle: Kirchenchronik, Seite 22 - 23].

So schlummerte der geschichtsträchtige Schlüssel offensichtlich an einem sicheren Ort bei der Familie Josef Junkersdorf in Vettweiß. Herr Junkersdorf war von 1945 - 1946 Bürgermeister des Ortsteils Vettweiß. Von dort gelangte er wohl irgendwann nach seinem Tod in die Hände seiner Tochter Josefine Junkersdorf, die später den Lehrer Josef Jansen heiratete.

Junkersdorf TotenzettelJunkersdorf Totenzettel -- Scan: HGV Vettweiß
Schließlich zog Josefine Jansen, geb. Junkersdorf, von der Dürener Straße zunächst nach Gladbach und dann zurück nach Vettweiß in den Grünen Weg und nahm auch den vom Vater übernommenen Kirchenschlüssel mit. Hier wurde er von der Familie Jansen verwahrt bis auch sie im Jahre 2014 am 18. Mai starb. Es gab Gerüchte, dass schon manch einer zu Lebzeiten von Frau Jansen versucht habe, den Schlüssel zu erhalten. Sie blieb jedoch Gott sei Dank standhaft und ließ sich nicht dazu bewegen.

Junkerdorf PortraitJunkerdorf Portrait  - Scan HGV Vettweiß
Ewige Ruhe des Schlüssels:

Im Rahmen von Arbeitsgesprächen zwischen unserem Gründungsmitglied Dr. Hermann Josef Courth und Unterzeichner wurden auch kirchliche Belange angesprochen und Archivmaterial von ihm übernommen.

So wurde dann u.a. über die Sprengung der Kirche und die geretteten Gegenstände gesprochen. Bei dieser Gelegenheit erwähnte er, dass sich der Schlüssel der alten Kirche im Besitz von Frau Josefine Jansen befinde und empfahl Unterzeichner, doch mit der Tochter Edith Adams, geb. Jansen, diesbezüglich Rücksprache zu halten. Dies geschah dann auch im Oktober und ihre Tochter Edith wurde auf den Schlüssel hin angesprochen.

Und siehe da, sie bestätigte das Vorhandensein des Schlüssels und bekundete, dass sie ihn zu sich in ihren Haushalt mitgenommen habe. Auf diese Weise hat der Schlüssel also erneut seinen „Schlafplatz" gewechselt. Da Unterzeichner für den Heimat- und Geschichtsverein Vettweiß das Archiv bearbeitet und verwaltet, wurde direkt daran gedacht, diesen doch geschichtsträchtigen Gegenstand in den Bestand der Archivalien des HGV einverleiben zu können.

Zugegeben, ein wenig Spannung lag bei diesem Kenntnisstand schon in der Luft. Möglicherweise standen wir kurz davor, unseren ältesten historischen „Fund" in die Schränke des Heimat- und Geschichtsvereins Vettweiß überführen zu können.

In der 42. Kalenderwoche war es dann so weit. Unterzeichner nahm sich ein Herz und sprach die Nachbarin Edith Adams gezielt darauf an, ob der HGV den Schlüssel in seinen Archivbestand übernehmen könne. Sie willigte sofort ein und versprach in Kürze die Übergabe. Bei der Gelegenheit konnte in Erfahrung gebracht werden, dass sie sowieso die Absicht hatte, den Schlüssel dem HGV Vettweiß zu übergeben.

Heute, 18. Oktober 2014, kam es dann zur Schlüsselübergabe an Unterzeichner und damit auch zu einem erneuten kurzfristigen „Ruheplatz". Er soll natürlich in die heiligen Hallen des Geschichtsvereins in der Gemeindeverwaltung Vettweiß kommen und dort seine endgültige historische Heimat finden.

Versuch einer Altersbestimmung:

Bleibt nun noch die Frage, wie alt denn der Schlüssel sein dürfte? Nach der Chronik der Pfarrkirche St. Gereon [Seite 12 - 13] befand sich die Kirche nach dem Bericht eines Pfarrers von 1829 in einem sehr schlechten Zustand. Im Jahre 1853 war es erforderlich, das Kirchenschiff abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Der Turm wurde zur Sakristei eingerichtet, weil mit der alten Kirche auch die Sakristei wegfiel.

Am 26. Mai 1853 (Christi Himmelfahrt) wurde durch den Landesdechanten Pfarrer Kreuzwald aus Gladbach unter Assistenz mehrerer benachbarter Pfarrer und dem hiesigen Pfarrer Klein der Grundstein zur neuen Kirche im Fundamente des Hochaltares feierlich gelegt und am Feste des hl. Antonius (Zweiter Schutzpatron) 1855 feierlich benediziert. Ihre volle Weihe der Konsekration erhielt sie am 15.08.1860 durch den Weihbischof Dr. Baudri [Quelle: Chronik Pfarrkirche St. Gereon, Seite 12 - 13, Ausarbeitung Dekanat Vettweiß von 1925].

Daraus könnte gefolgert werden, dass der Kirchenschlüssel bereits aus dieser Zeit stammen könnte und somit 154 Jahre alt wäre. Fraglich könnte noch sein, ob ein solcher Schlüssel über einen so langen Zeitraum funktionstüchtig bleibt oder ob es sich bereits um ein zweites Exemplar handelt. Sicher scheint auf jeden Fall, dass er 1945 noch bis zum Abriss der Kirche benutzt wurde.

So können wir abschließend nur noch einmal der Familie Junkersdorf dafür danken, dass der Schlüssel damals sichergestellt wurde. Ein besonderer Dank gebührt natürlich Edith Adams für die Überlassung dieses Schlüssels. Im Namen des Heimat- und Geschichtsvereins Vettweiß möchte ich mich hiermit nochmals recht herzlich bedanken.

Kirche VettweissDie Kirche von Vettweiß     --      Scan: HGV Vettweiß

Vettweiß, 10. Dezember 2014
Erstellt von: Hans Theo Pütz